Calcagno | Ätna
Das Familienweingut Calcagno ist kein Unbekannter mehr. Gerade das Gebiet des Ätna’s hat die letzten 10 Jahre einen richtigen Schub auf dem Parkett des internationalen Weins bekommen. Da waren zum einen die alten, renommierten Weingüter, die Platzhirsche der Appellation Etna und die vielen neuen, bekannten Weingüter vom restlichen Sizilien, die in einer Art Goldgräberstimmung am Mongibello, so wie der Vulkan bei den Einheimischen genannt wird, kauften, was es nur gab.
Wenn man sich im Süden bei Paternò langsam mit dem Auto Richtung Nicolosi und Pedara bewegt, kommt man durch alte, verlassene Rebgärten, an Palmento’s (Weinpresshäuser) vorbei oder auch mal wieder durch Gegenden, da meint man in Südtirol – Trentino zu sein.
Schwarze Lavasteine
Zeit sollte man sich nehmen, langsam diese engen Gassen entlang cruisen und den ein oder anderen Blick mitnehmen.
Über Trecastagni geht’s dann weiter an den östlichen Ätna, bei Zafferana Etneo oder Santa Venerina, immer am Berg entlang schlängelnd, mal besser, mal schlechtere Serpentinen ins Dorf Milo. Dort ist die Anbaugegend des Etna Bianco Superiore – nur dort produziert, darf Superiore auf dem Etikett gedruckt stehen. In Milo ist auch ein’s der besten Restaurants von Slow Food, das ich nur jedem ans Herz legen kann, aber nur Abends geöffnet ! 4 Archi in Milo !
Slow Food
Von dort fährt man an schwarzen, zerklüfteten Lavafeldern vorbei. Es sind Zeitzeugen, mit welcher Gewalt und Kraft ein Lavastrom alles entzweit und in Grund und Asche legt, bei seinem Weg ins Tal. Da gibt es kein Pardon von der Natur, egal was auch immer im Weg steht.
Man kommt an vielen Schildern von Weingütern auf diesen Wegen vorbei. Wenn man dann von Linguaglossa Richtung Randazzo fährt, ist man so auf knapp 1000 Meter über dem Meeresspiegel, dort ist die Natur nur durch diese recht gut ausgebaute Verbindung gestört.
Mal hat man den Blick in Richtung Krater, dann wieder kann man in einem erloschenen Lavastrom nur noch das Dach von einem Haus erkennen. Eng umschlungen von einer festen schwarzen Kruste, die das Leben dort beendet hat, und auf der anderen Seite wieder Leben durch Fruchtbarkeit spendet.
Vulkan Ätna
Sicher ist aber, das ganze Ätna Gebiet ist für jeden kulinarisch begeisterten Italien / Sizilienbesucher ein absolutes Muss. Von Süd nach Nord kann man sich in feinen Osterien, Trattorien oder umgebauten alten Weinpresshäusern, vom allerfeinsten kredenzen lassen.
Das natürlich außer Frage, in erster Linie begleitet von den heimischen Topgewächsen der Etna DOC Appellation.
Wer lieber durch die Dörfer fahren will, geht in Linguaglossa am besten auf die Hauptstrasse, so kommt man durch die Dörfer oder Frazione (Dorfteile) von Solicchiata, Passopisciaro bis rüber nach Randazzo.
Jedem wird bei einer Tour dort klar, das hier ist ein ganz anderes Sizilien, nichts mit dem Süden oder Westen zu tun. Hier ist man in den Bergen, nein eher im Hochgebirge, denn der Etna hat 3350 Meter und das ist hoch. Denken Sie mal an die Zugspitze mit 2900 Metern.
Skigebiete und Lavaströme
Herbst und Winter sind stürmisch, kalt und die Weinernte ist aus diesem Grund der klimatischen Bedingungen auch Schlusslicht auf Sizilien, meist Oktober bis November, je nach Höhenlage.
Dort hat man jeden Winter Schnee und auch ganz oben Skigebiete mit Liften, wer sich an Wintersport erfreut.
Immerhin sind die Rebflächen des Etna Gebiets die höchsten in ganz Italien. Ja, richtig gelesen, nicht mal in Südtirol geht’s so hoch hinaus.
Aktuell gibt es einige Test Rebflächen, die sich auf 1600 – 1800 Meter befinden, dort wird probiert, welche Reben wie gut dort oben klarkommen und wie das Resultat ist.
Nun kommen wir zum Weingut Calcagno, es liegt in Passopisciaro, wohl dem bekanntesten Örtchen für Weinbau, sind doch dort alle Weingutsgrößen präsent und nicht von ungefähr hat dort der grosse Angelo Gaja investiert.
Calcagno Familienwinzer
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als ich 2007-2008 das erste Mal im Weingut war, oder sagen wir mal, im alten Gebäude, welches Keller und Weingut in einem war. Dort durfte ich die Calcagno Weine das erste Mal probieren. In Frankreich würde man sagen, ein Garagenwinzer, aber was für einer. Extrem anders, sehr interessant, kantig und ruppig, kein Mainstream und man musste wirklich erst mal überlegen, bin ich hier mit dem Gaumen auf Sizilien, im Süden?
Auf Anhieb präsent war die Passion, welche die Brüder Calcagno dort in die Waagschale warfen. Wenn man zuhörte, wie sie über die Reben, die Weinberge, was der Nonno gemacht hat erzählen, liegt genau das in der Luft, Passion für etwas Besonderes, eine Art Magie.
Nonno und Eltern, alle gebürtig von dort, hatten wie alle ihre Weinberge, und die lagen und liegen in exponierten Lagen, ab 650 Meter über dem M. aufwärts und in den angesagtesten Contrade wie z.B. Arcuria und Feudo di Mezzo für die Etna Rosso.
Contrade Cru Lagen
Akribisch und stetig wurde ganz langsam und behutsam weitergemacht, nie das Ziel aus den Augen verloren. Die Weine konnten inzwischen die ersten internationalen Erfolge aufweisen und das neue Projekt, ein neues Weingut in den alten Familiengebäuden, wurde entschlossen vorangetrieben.
Dieses neue kleine Weingut ist in Passopisciaro inzwischen fertiggestellt und man kann absolut behaupten, dass es ein echtes Juwel geworden ist. Ganz nach dem Motto, Klein aber sehr fein! Ob die neue Kellertechnik, Barriquekeller, Abfüllanlage, alles absolut klar, klein und übersichtlich gehalten.
Es fehlt an absolut nichts, und mit den aktuell circa. 28000 Flaschen pro Jahr nun eben genau das, was wir uns auf die Fahne geschrieben haben, Nischenmarkt und Qualität.
Etna Rosso Nerello Mascalese
In Frankreich wäre es im Burgund eine Top-Domain oder im Bordeaux ein Hammer Chateau, welches schon längst in den vielen geheimen Notizen der wichtigen Kritiker der Weinszene stehen würde. Übrigens bei Robert Parker inzwischen schon mit 92 Punkten gelistet.
Bei meinen Touren auf Sizilien, schaue ich auch bei grösster Zeitnot immer wieder gerne bei Gianni oder Franco herein, ein Plausch, eine kurze Lagebesprechung und alles ist gut.
Beide sehr herzliche und freundliche Menschen, die in ihrer Art einfach einzigartig sind.
Da freue ich mich auf viele weitere Jahre, neue Jahrgänge und zusehen, wann der Zeitpunkt kommt, wo sich auch die besten Restaurants weltweit ohne Calcagno in der Weinkarte nicht mehr vorstellen können.
Zu den Weinen kann man sagen, dass diese besonderen, schwarzen, verwitterten Vulkanböden einen sehr prägnanten DNA-Abdruck am Gaumen hinterlassen. Es ist kein Mainstream und vielleicht nicht sofort zugänglich.
Etna Rosso & Bianco
Die weiße Rebsorte Carricante ist die autochthone Rebe vom Ätna. Da die Rebe sehr viel Menge gedeihen lässt, muss diese im Weinberg gut gepflegt und reduziert werden. Carricante kommt vom italienischen Carricare und bedeutet in diesem Fall „beladen oder voll hängend“. Die Farbe ist meist von einer tollen strohgelben Farbe und mit florealen, kräutrigen und fruchtigen Noten. Manchmal kommen rauchige Nuancen an der Nase an. Der Gaumen wird mit einer satten Mineralität und Säure gefordert, wir sind hier sehr nahe beim Riesling. Auch hier wieder diese mediterranen Kräuter, gute Struktur und Komplexität, die mit einigen Minuten im Glas permanent ansteigt.
Beim Roten sind wir bei Nerello Mascalese, Nerello Cappuccio, den autochthonen Sorten vom Ätna – meist oder oft im Alberello Verfahren angebaut, also in der Buschbaumerziehung, die am Ätna oft in Terrassenform angelegt wurde und noch immer ist.
Der Nerello ist eine hellere Rebsorte, die mit dem Nebbiolo und Pinot Noir meist in einem Satz aufgeführt wird. In der Tat, die Etna Rosso sind vorwiegend nicht so dunkel im Glas, also ganz anders als man es von Süditalien erwarten würde. Das ist bei Verkostungen vorwiegend auch ein Thema gewesen, da viele nicht mit so einem hellen Rosso gerechnet hatten.
Etna Bianco Carricante
Im Glas hat man eindeutig seinen Spass, denn die Nase ist sehr einladend und aromatisch, umgarnt von Kräutern, Floreal, nasser Humusboden, feine Holznoten, da er größtenteils im grossen Holz für mindestens 12 Monate ausgebaut wird.
Rote Früchte, Waldboden, wirklich ein Traum für die Nase. Am Gaumen spiegelt sich das alles wider und kommt mit einem satten, saftigen und feingliedrigen Tannin um die Ecke.
Hier hat man für einige Jahre Lagerfähigkeit, denn die Säure und Tannine könnten so zu einem absoluten Elexir verschmelzen. Für die typische deftige Ätna Küche ist der Wein genial, denn zu einer Wildschweinpasta oder vom schwarzen Schwein des Nebrodi Parks, den stark gereiften, salzigen Pecorinokäsen, Ziege oder Lammbraten, Salsiccia mit Steinpilzen, sorry, ich bekomme grad schon wieder Hunger und merke Magenknurren.
Essen Trinken Genießen
Die Weine von Calcagno sind elegante, komplexe und langlebige Weine, von einem Familienweingut mit einer so reduzierten Produktion, dass es sich lohnt gerade die Contrade Einzellagen in den Keller zu legen.
Außer dem Ginestra Etna Bianco oder der Contrade Arcuria Etna Rosso, gibt es von Calcagno noch eine super feinen Rose aus Nerello Mascalese, sowie den Bianco Primazappa Etna Bianco Superiore, Riterza Bianco mit 5 Tagen auf den Schalen, also sehr kräftige goldgelbe Farbe , Rifunniri Bianco aus Nerello Mascalese, den Basis Nireddu Etna Rosso und den Feudo di Mezzo Contrade Etna Rosso.
Viel Spass mit den Weinen, beim Verkosten und Genießen und auch beim Kochen, denn so richtig kommen sie mit einem guten Essen zur Geltung.