Bolgheri
Das erste Mal war ich 1999 in der Toskana, der damalige Point of Partenza war Marina di Bibbona ganz in der Nähe von Castagneto Carducci und Bolgheri.
Man kann es Liebe auf den ersten Blick und den ersten Schluck nennen! Bolgheri, das kleine verschlafene Nest am Ende der Viale dei Cipressi empfängt einen mit dem Blick auf das Stadttor, das man rechts abbiegend umfahren muss, um auf der anderen Seite ins Borgo einfahren kann.
Italienisches Bordeaux
Bolgheri war damals noch wesentlich ruhiger, entspannter und es gab nur ein paar Weinbar’s und Restaurants. Das hat sich inzwischen sehr stark geändert, der Tourismus wurde sehr mit Sassicaia, Ornellaia und Masseto verknüpft. Rang und Namen geben sich in Bolgheri die Türklinke in die Hand.
In einer winzigen Caffebar, die damals auch gleichzeitig Enoteca war (leider gibt es diese heute nicht mehr in der gleichen Art) machte ich eine kleine Bolgheri Weinprobe. Die Weine lagen so zwischen 12000 und 20 000 Lire, traumhafte Preise für diese damals schon extrem sensationellen Weinen.
Italienische Momente
Bei der Probe standen die Einheimischen mit an der Theke, auch Winzer darunter, was ich damals nicht wusste. Meine Entscheidung damals viel auf einen Rotwein, der von einer Tenuta kam, die ich bedauerlicherweise trotz intensiver Suche nicht mehr fand. Der Wein war ein Blend von Cabernet Sauvignon und Merlot, kräftig, fruchtig, rassig und extrem vollmundig.
Die Tannine waren perfekt eingepasst, geschliffen und samtig. Ein toller Wein, zwei Kisten kaufte ich davon.
Die Enoteca ist inzwischen ein Restaurant geworden, die Weinbar, die Theke und das Innere fiel dem Umbau zum Opfer. Bedauerlicherweise!
Es sind schöne Erinnerungen, weil noch heute denke ich an diesen Aufenthalt, diesen Wein und dieses Gefühl, mit einer Region oder einem Ort verbunden zu sein.
Kleine Weinbar’s und Restaurants
Ich kam zurück, zwar viele Jahre später, aber ich kam zurück. Es war so gegen 2008 – 2009, mein Toskana Trip für einen Logistiker und für mich um neue Produkte und Weine zu finden.
Zuppa Livornese
In Livorno machte ich den ersten Stop. Nach einigen Terminen und ich kann mich noch erinnern, über den Apennin bei starkem Schneefall kam ich nach mehr als 14 Stunden on Tour in der Emilia Romana und der Toscana vollkommen erschöpft im Hotel an.
Beim Abendessen in einem Restaurant bestellte ich meine Pasta und danach das Secondo – Steak vom Chianina Rind und Rosmarinkartoffeln. Zum Essen wollte ich einfach ein paar Weine aus der Gegend probieren und so meinte ich ganz lässig, ob ich 3–4 diverse Weine bekommen könnte.
Rot, nicht zu extrem im Holz gelagert – fruchtig süffig und klare Ansage – Kleine Winzer, wenig Produktion aus der Toskana in nächster Nähe.
Campo al Noce
Unter den Weinen war der Assiolo von Campo al Noce – der kein Holz hat und aus Castagneto Carducci kommt. Die Begeisterung war sehr gross über diesen Wein, ich notierte mir die Adresse und Telefonnummer, da ich am nächsten Tag in diese Richtung musste.
Ich rief sicher 3–4 x dort an, schon beim Frühstück, doch es antwortete keiner. Nach der kurzen Fahrt kam ich dort vorbei, Richtung Massa Marritima wo ich zu Castello del Terriccio wollte und einen Termin hatte.
Campo al Noce hatte ich schon längst überholt, da ich überhaupt nicht wusste, wo es war, so probierte ich ein letztes Mal und Pierluigi hat endlich den Hörer abgenommen.
Ich drehte um und so war ich das erste Mal im Weingut und konnte die Weinberge und den Keller besichtigen und packte die ersten zwei Kisten Proben für eine Nachverkostung auf Sizilien mit ein.
Ein kleines Weingut, eben ein Familienweingut mit inzwischen circa 10 Hektar Fläche und davon sehr gute Parzellen im Bolgheri Doc Gebiet.
Bolgheri Doc Status
Seine Weine tragen die Handschrift von Maurizio Castelli, einem bekannten toskanischen Önologen. Der Assiolo, der Vermentino, Miterre ein traumhafter Bolgheri und sein Superiore Riverbero spielen eindeutig in der großen Liga mit.
Noch immer mit erstaunlich adäquaten Preisen, wenn man so die Winzernachbarschaft anschaut. Da legt man gut und gerne mal 20–30 EUR mehr pro Flasche auf den Tisch.
Wein mit Kultstatus
Bolgheri ist in Italien eine der gefragtesten Weinbaugegenden dank dem Marchese Mario Incisa della Rocchetta von der bekannten Tenuta San Guido und seinem flüssigen Meilenstein Sassicaia!
Dieser Wein wurde z. B. von dem Önologen Giacomo Tachis ins Leben gerufen, und er hat auch einige wichtige Weingüter und tolle Weine auf Sizilien ins Leben gerufen.
Viel hat die Gegend diesem Herren zu verdanken, hauptsächlich an ein Projekt zu glauben, auch wenn alle meinten und sagten, was will der mit seinen Bordeauxreben hier machen. Für Visionen benötigt man halt aber auch das nötige Kleingeld und das hatte der Herr, doch alles in allem wurde er sehr belohnt von der Weinwelt und den internationalen Kritikern.
Sensationelle Weine in kleinen Mengen
Die Preise in den Restaurants sind trotz des ganzen Aufsehens noch immer sehr angepasst und man wundert sich bei einer solchen Qualität schon so gelegentlich über den deutschen Level in solchen Restaurants.
Auch Wein ist meist eher günstig, die Flaschenweinpreise liegen oft nur einige Euro über dem Enoteca Preis.
Sehr faire Kalkulationen vom Restaurantbesitzer und die Kosten und Steuern sind in Italien nicht geringer, eher das Gegenteil ist der Fall!
Doch die meisten Leute leben einfach in einer anderen Realität und sind mit weniger Aufschlag zufrieden, weil sonst keiner mehr konsumieren würde.
Vermentino Doc
ein super fruchtiger Weißwein von der toskanischen Küste, saftig, fruchtig und salzig. Einfach perfekt zu einer sommerlichen Küche, zu Pasta mit Meeresfrüchten, Krustentieren und Fisch.
Da es jedes Jahr nur 2000 – 3000 Flaschen gibt, der Verkauf vor Ort in die Restaurants sehr stark läuft, bekomme ich leider immer nur ein paar Kisten, doch es ist immer wieder toll zu sehen, welche Qualität dieser Weißwein der toskanischen Küste hat.
Aromonia Rosso – IGT der kleine Assiolo, Edelstahl, jüngere Weinberge, saftiger und unkomplizierter, perfekt für den täglichen Genuss mit einer guten Pizza.
Assiolo – Cabernet Sauvignon – Merlot – Petit Verdot – Cabernet Franc
Der im Edelstahl und im Zement lagert. Kein Holz und somit eine sehr volle Frucht, angenehme Säure. Perfekter Wein für Pasta, Vorspeisen, allgemein eine mediterrane italienische Küche.


Miterre – Cabernet Sauvignon – Merlot – Syrah – Cabernet Franc
Ausbau im Holz für mindestens 12 Monate – großer Wein für kleines Geld – unterbewertet und Geheimtipp! Hier bekommt man eine Komplexität, Tiefe, ein Wein mit Konsistenz. Optimal für die Fleischküche, Grillen und Angus.
Hier kann man sich gerne mal eine Kiste in den Keller legen und vergessen, denn wenn man ihn nach 5–10 Jahren wieder findet, wird einem nicht nur das Wasser im Mund zusammenlaufen, man wird sich auch sagen, man warum habe ich nicht 18 Flaschen vergessen.
Riverbero Doc – Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc
24 Monaten Barrique und nochmaliger Flaschenreife – der Topwein vom Weingut und in der gleichen Zusammenstellung wie der Sassicaia, der übrigens ein direkter Nachbar zu Campo al Noce ist. Bei Blindverkostungen hat dieser Wein die großen Bolgheri Weine nicht nur einmal ziemlich klein aussehen lassen.
Der Wein ist eine Ikone der toskanischen Weinkunst und man sollte ihn wirklich noch einige Jahre liegen lassen – nicht zu früh trinken.
Der Wein, die Tannine werden sich in einen flüssigen Teppich transformieren, rund, harmonisch, komplex und mit einem nicht enden wollenden Finale. Wein zum Meditieren, zum Genießen, zum Trinken mit Freunden zu einem besonderen Anlass.
Toskana ist immer eine Reise WERT
Die Toskana hat einen besonderen Reiz, strahlt eine enorme Noblesse aus. Wenn man die Strecke von Bolgheri über Volterra ins Chianti Classico Gebiet fährt, durch das Chianti Gebiet bis Montalcino, Montepulciano möchte man einfach nur, dass der Tag nicht endet und man immer fort durch Dörfer wie Greve, Panzano, Castellina, Val d’Elsa fährt.
Chianti Classico Gebiet
Diese Eindrücke, die vielen Senioren auf den Piazzen, wo sie sich treffen, um einen Plausch zu halten oder auch Karten zu spielen. Sich Geschichten und Anektoden erzählen und der ein oder andere Chianti die Kehle runterläuft.
Das ist die Toskana, ich liebe sie ! Hat mich nie enttäuscht oder im Regen stehen lassen, tolle Bilder, tolle Erinnerungen und tolle Begegnungen dank toller Menschen.
Schöne Erinnerungen
Danke an Pierluigi, ein Pfundskerl mit einer super gesunden Einstellung zu Gott und die Welt.
Die Weine sind im Shop verfügbar, mal mehr, mal weniger. Das hängt meist davon ab, wie viel ich mir ins Lager lege und was ich davon selbst trinke ;-), denn einen Bolgheri mache ich immer und immer wieder recht gerne auf, gerade zu einem saftigen Stück Fleisch, einem Braten oder zu einer deftigen Pasta mit einem Wildragout.